Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.
Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.
Grußwort zum 4. Berufskongress Soziale Arbeit
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Caritasverband im Erzbistum Berlin begrüßt alle Teilnehmer zum 4. Berufskongress Soziale Arbeit.
„Not sehen und handeln“ ist das Leitmotto des Caritasverbandes. Hier ist die frühe Prägung der Sozialen Arbeit als Fürsorge noch sehr gut sichtbar. Die unmittelbare Not zwingt zum Handeln. Erst die Reflektion, die Betrachtung und Analyse der Hintergründe, die notwendigerweise immer im Kontext mit einer Theorie von Verstehen, von Ursache und Wirkung, von komplexen Zusammenhängen und Zusammenwirken, von Gesellschaft und Mensch macht das nachhaltige Handeln, die dauerhafte Veränderung und Verbesserung möglich. Soziale Arbeit findet sich immer im Spannungsfeld von unmittelbaren Handlungsbedarf und der Analyse, Bewertung und dem Verstehen. Erst wenn in diesem Verständnis Theorie und Praxis zusammenwirken, kann Nachhaltigkeit entstehen. Soziale Arbeit ist heute weit mehr als Fürsorge, sie ist auch Gesellschaftskritik und Entwicklung. Mit ihren Aufgaben ist sie ein wesentlicher Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft. Soziale Arbeit braucht die Reflektion ihrer selbst.
Ganz deutlich wurde dies in der jüngsten Flüchtlingsarbeit.
Die hohen Zuwanderungszahlen haben einen sofortigen Handlungsbedarf notwendig gemacht. Unterkunft, Nahrung, medizinische Versorgung standen hier in Berlin ganz vorne auf der Agenda. Die heutigen Aufgaben von Teilhabe und Integration gehen weit darüber hinaus. Sie verändern unsere Gesellschaft. Wir müssen hier die Bereitschaft entwickeln, unsere gesellschaftlichen Normen in Frage stellen zu lassen. Ist Integration zu wissen, wie Menschen aus anderen Kulturräumen sich anpassen müssen? Ist unsere Norm von Berufsabschlüssen die einzige, die anerkannt werden kann und nach der sich alles ausrichten muss? Ist unser Umgang mit Sucht und Rauschmitteln ein Maßstab? Ist unser Verständnis von Familie als Teilmodell, was weder im Alter noch in Beziehungskrisen eine Sicherheit bietet, ein Maßstab? Wir werden – ohne es vorher gewollt zu haben - mit vielen Fragen konfrontiert. Wir können die Integrationsleistungen nicht ohne eigene Veränderung bewältigen. Wir brauchen die Reflektion unserer Selbst, wir brauchen eine Theorie von Integration, um die Praxis zu bewältigen. Praxis braucht die Theorie und diese braucht Praxis.
Für die Wahl dieses Themas gerade in der jetzigen Zeit, mit den hohen Anforderungen an sozialer Arbeit, sind wir dem Berufsverband dankbar, wir sind der Organisation dieser Tagung dankbar und wünschen uns ein gelingendes Zusammenwirken, was auch unser Leitbild „Not sehen und handeln“ ergänzt.
Für den Caritasverband
Christian Thomes
Leiter der Gesundheits- und Sozialpolitik